B03 – Methoden und Technologien für ausfallsichere adaptive Tragwerke

B: Systemtechnik und Auslegung

Adaptive Tragwerksstrukturen unterliegen hohen Anforderungen bezüglich Sicherheit und Zuverlässigkeit. Deshalb ist eine Analyse der Zuverlässigkeit sowie eine zeitnahe Detektion und Diagnose von Fehlerfällen zwingend notwendig.

Förderphase II

Die Zuverlässigkeit spielt im Kontext adaptiver Tragwerke im Bauwesen bezüglich des Verhaltens des Tragwerks bei einem teilweisen oder vollständigen Ausfall der Aktorik, Sensorik oder Regelung eine entscheidende Rolle. Der Einfluss von Verschleißerscheinungen oder das Ermüden von Kerbstellen der Struktur sowie der Einfluss von Ausfällen auf den Betrieb muss berücksichtigt werden. Hieraus leiten sich die zentralen Fragestellungen dieses Teilprojektes ab, welche die Analyse von Redundanzen in Tragwerkstopologien, die Detektion von Fehlerfällen sowie die Lebensdauerüberwachung zur Einhaltung von Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit betreffen

Um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit des Tragwerks auch bei Fehlern von Aktorik, Sensorik und Regelung sicherzustellen wird untersucht, welchen Einfluss die Topologie des Tragwerks und die Lage der Aktoren hierauf haben. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, wie adaptive Tragwerke gestaltet werden müssen, damit sie mit ausgefallener Aktorik noch standsicher sind und ob das Tragwerk z. B. durch gespeicherte passive Energie oder bewusste zusätzliche Dissipation in einen sicheren Zustand gebracht werden kann.

Die Detektion und Isolation von Fehlerfällen in Aktorik, Sensorik und Struktur bilden die Grundlage, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. In der vorangegangen Förderperiode hat sich gezeigt, dass die Anzahl und Platzierung der Sensoren einen wesentlichen Einfluss auf die Detektierbarkeit und Unterscheidbarkeit von Fehlerfällen hat. Deshalb werden Gütemaße und Methoden zur Platzierung von Aktoren und Sensoren entwickelt, die eine hohe Fehlertoleranz sowie eine gute Detektierbarkeit und Unterscheidbarkeit von Fehlerfällen für die sich anschließende Fehlerdiagnose sicherstellen. Um die Skalierbarkeit der Fehlerdiagnose auf große und komplexe Tragwerke sicherzustellen und den Applikationsaufwand überschaubar zu halten, werden ausgehend von den Ergebnissen der vorangegangen Förderperiode dezentrale und modulare Ansätze basierend auf modell- und datenbasierten Methoden für die Detektion und Isolation von Aktor-, Sensor- und Strukturfehlern entwickelt und auf verschiedene Tragwerkstypen angewendet. Während die dezentrale Fehlerdiagnose Subsysteme anhand eines Gesamtmodells des Tragwerks ableitet, basiert die modulare Fehlerdiagnose auf lokalen Modellen der einzelnen Module, wodurch sich eine gute Wiederverwendbarkeit der Modulmodelle und ein geringer Applikationsaufwand ergeben, da kein Gesamtmodell für das Tragwerk aufgestellt werden muss. Die unbekannten Systemkopplungen zwischen den Modulen stellen dabei eine Herausforderung für die einzelnen Fehlerdiagnosesysteme dar.

Während in der ersten Förderperiode die Auslegung adaptiver Tragwerke im Mittelpunkt stand, kommt eine wesentliche Bedeutung der Überwachung der Lebensdauer und daraus abgeleiteter übergeordneter Tragwerkseigenschaften, wie der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit, im Betrieb zu. Zu diesem Zweck erfolgt in dieser Förderphase ein Online-Monitoring der Beanspruchungen. Das Online-Monitoring erlaubt neben der Visualisierung kritischer Bauteile die Realisierung einer Betriebsstrategie, die das Regelziel eines homogenisierten Verschleißes verfolgt. Dadurch wird ein wartungs- bzw. lebensdaueroptimierter Betrieb unter Einhaltung der Tragwerkszuverlässigkeit bei nachhaltigkeitsoptimalem Betrieb erreicht. Ersatzteilbedarf und Strukturlebensdauer beeinflussen dabei die Umweltwirkung, weshalb diese Wechselwirkung berücksichtigt wird. Darüber hinaus wird erforscht, wie sich in der Tragwerkstopologie vorhandene Redundanzen in der Zuverlässigkeitsbewertung berücksichtigen lassen.

Es ergeben sich die folgenden zentralen Aspekte des Teilprojekts:

  • Identifikation des Einflusses der Topologie eines adaptiven Tragwerks und der Lage der Aktoren auf die Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit
  • Entwicklung von technischen Konzepten zur Sicherstellung der Standsicherheit beim Totalausfall der Aktorik
  • Entwicklung von Konzepten zur Aktor- und Sensorplatzierung für die Fehlerdiagnose in Tragwerken bzw. Tragwerksmodulen 
  • Entwicklung, Kombination und Verallgemeinerung modell- und datenbasierter Methoden zur dezentralen, modularen und aktiven Fehlerdiagnose
  • Lebensdauerprognose und aktives Lebensdauermanagement mit prädiktiver Wartung über die vorhandene Aktorik und Sensorik adaptiver Tragwerke
  • Identifizieren und verknüpfen von Zuverlässigkeits- und Nachhaltigkeitszielen mit Berücksichtigung in einer optimalen Betriebsstrategie

BIld 1

Regelkreis des Prognostics and Health Management

 

Bild 2

Lebensdauermanagement durch Eingriff in die Betriebsstrategie

Teilprojektleiter:innen

  • Prof. Dr.-Ing. Cristina Tarín, Institut für Systemdynamik
  • Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Bischoff, Institut für Baustatik und Baudynamik
  • Dr.-Ing. Martin Dazer, Institut für Maschinenelemente

Förderphase I

Fehlerfälle und Ausfälle innerhalb des Adaptionsprozesses können zu einer Schädigung der Gesamtstruktur führen oder beeinträchtigen die Funktion für den Nutzer und müssen daher möglichst vermieden bzw. frühzeitig erkannt werden. Kommt es tatsächlich zu einem Ausfall, darf er keine schwerwiegenden Folgen haben.

Glasbogen bei der Zerstörung

Glasbogen bei der Zerstörung

Glasbogen

Verbundglas mit Kohlefaserbewehrung zur Sicherstellung der Resttragfähigkeit im Bruchzustand

Foto: (c) ILEK

Daher werden im Teilprojekt B03 Unsicherheiten, Störgrößen, Fehlerfälle und Ausfallmöglichkeiten intensiv betrachtet. Eine integrierte Überwachung und Fehlererkennung gibt Aufschluss über das Vorliegen von Fehlerfällen. Eine anschließende Fehlerdiagnose zieht Rückschlüsse auf den Fehlerort und die Fehlerursache um Fehlerfälle zu isolieren und frühzeitig zu erkennen. Um das System weniger störempfindlich und robuster gegenüber von Störgrößen zu machen, werden letztere berücksichtigt.  Für eine nachhaltigere Bauweise ist die sicherheits- und zuverlässigkeitsgerechte Auslegung adaptiver Tragwerke von zentraler Bedeutung. Je genauer die zu erwartende Betriebsbelastung bekannt und im Zuverlässigkeitsmodell berücksichtigt ist, umso exakter erfolgt die Bemessung der Tragstruktur. Unsicherheiten durch Ausfälle der Adaptionsfunktion müssen durch ein funktional sicheres System, in welchem die Diagnose wiederum eine wichtige Rolle spielt, vermieden werden.

Es ergeben sich die folgenden zentralen Fragestellungen:

  • Welche Fehlerfälle und Lasten sind für adaptive Tragwerke charakteristisch und wie können diese modelliert werden?
  • Welche Lastkollektive führen zu ausfallkritischen Zuständen und wie ist der Zusammenhang mit Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit adaptiver Tragwerke?
  • Wie kann dieser Zusammenhang unter Berücksichtigung von Fehlern im Adaptionsprozess modelliert werden?
  • Wie können Fehlerfälle von unbekannten Lasten unterschieden und zuverlässig detektiert wie auch isoliert werden?
  • Welche Methoden eignen sich für die Detektion und Isolation von Fehlern in adaptiven Tragwerken?
  • Welche Fehlerreaktionen sind erforderlich um Ausfälle mit fatalen Folgen zu verhindern?
  • Wie hängen Sicherheit, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit adaptiver Tragwerke voneinander ab und wie kann eine ganzheitliche Auslegungsmethode diese zentralen Aspekte berücksichtigen?

Grundlegendes Ziel für die Fehlerdetektion ist die Diagnose von Fehlerfällen in Aktorik und Sensorik von adaptiven Tragwerken, welche von stochastischen und nicht unmittelbar messbaren Lasten beeinflusst werden.

Risikofaktoren von passiven und adaptiven Strukturen

Risikofaktoren von passiven und adaptiven Strukturen

Für die Diagnose muss sichergestellt werden, dass die Fehlerfälle detektierbar und von den Lastfällen unterscheidbar sind. Dazu werden Kriterien erarbeitet, anhand derer sich der Lastfall vom Fehlerfall unterscheiden lässt und die Isolation des Fehlerfalls erlaubt. Für die Detektion und Isolation der Fehlerfälle werden modell- wie auch datenbasierte Methoden eingesetzt.

Residuenverlauf und Fehlerwahrscheinlichkeit für einen Random-Walk Fehler in einem Dehnmessstreifen

Residuenverlauf und Fehlerwahrscheinlichkeit für einen Random-Walk Fehler in einem Dehnmessstreifen

Die Erhaltung des standsicheren Zustands erfordert die funktionale Absicherung adaptiver Tragwerke durch ausreichend zuverlässige Komponenten und systematische Absicherung der Adaptionsfunktion. Fehler müssen detektiert bzw. vermieden werden.

Faltendes Neuronales Netz zur Klassifikation von Fehlerfällen basierend auf Messreihen

Faltendes Neuronales Netz zur Klassifikation von Fehlerfällen basierend auf Messreihen

Die Fehlerdiagnose der Elemente wird an die Teilprojekte B02 und B04 übergeben, um die Beobachter und Regler zu rekonfigurieren. Die in B03 entwickelten Zuverlässigkeitsanforderungen werden an C02 ausgetauscht um ein Fluidaktor-Konzept auszuwählen und die Zuverlässigkeit optimieren zu können. Um die Energieversorgung der elektroaktiven Schichtsysteme zuverlässig auszulegen, wird eine Untersuchung dieser an C03 weitergereicht.

Interdisziplinäre Auslegungsmethode adaptiver Tragwerke

Interdisziplinäre Auslegungsmethode adaptiver Tragwerke

Im weiteren Projektverlauf wird der Einfluss der Topologie und die Lage der Aktoren auf die Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit identifiziert und technische Konzepte zur Sicherstellung der Standsicherheit beim Totalausfall der Aktorik entwickelt. Darüber hinaus werden Konzepte zur Aktor- und Sensorplatzierung hinsichtlich der Detektierbarkeit und Fehlertoleranz in Zusammenarbeit mit anderen Teilprojekten entwickelt.

Die Konzepte zur Aktor- und Sensorplatzierung bilden die Grundlage um modell- und datenbasierte Ansätze zur Fehlerdiagnose zu entwickeln und auf unterschiedliche Tragwerkstypen zu verallgemeinern. Diese wird um eine aktive Fehlerdiagnose in der Aktorik ergänzt. Des Weiteren wird ein Prognostics and Health Management zur Zuverlässigkeits- und Nachhaltigkeitssteigerung mit Einflussnahme über die Aktorik entwickelt.

Teilprojektleiter:innen

  • Prof. Dr.-Ing. Bernd Bertsche, Institut für Maschinenelemente
  • Prof. Dr.-Ing. Cristina Tarín, Institut für Systemdynamik

Ansprechpersonen

Dieses Bild zeigt Jonas Stiefelmaier

Jonas Stiefelmaier

M.Sc.

Doktorand

Dieses Bild zeigt Dshamil Efinger

Dshamil Efinger

M.Sc.

Doktorand

Dieses Bild zeigt Tamara Prokosch

Tamara Prokosch

M. Sc.

Doktorandin

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