B04 – Steuerungs- und Regelungskonzepte für adaptive Bauwerke

B: Systemtechnik und Auslegung

Das vorliegende Teilprojekt beschäftigt sich damit, Steuerungs- und Regelungsmethoden für wandlungsfähige Hüllen sowie Strukturen weiterzuentwickeln und bestehende Methoden auf strukturell ähnliche Problemstellungen zu verallgemeinern.

Förderphase II

Das Projekt B04 ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Modellierung und mit der Reglersynthese für Tragwerke. Ein Schwerpunkt dabei ist die Modellierung großer, aus verschiedenen Einzelelementen (Stäbe, Balken, Platten, etc.) zusammengesetzter Stabtragwerksstrukturen. Hierbei werden anhand von Verkopplungsmaßen Methoden zur Substrukturierung der komplexen Tragwerke entwickelt, so dass in einem nächsten Schritt optimale dezentrale Regelungskonzepte angewandt werden können. Ein weiteres Ziel beim Reglerentwurf ist der gleichmäßige Verschleiß der Gebäudeteile und somit die Lebensdauerverlängerung der Struktur. Des Weiteren wird ein Algorithmus zur Stellgrößenaufteilung im Sinne einer optimalen Ausnutzung aller Eingänge beim Zusammenspiel von statischer Störgrößenkompensation und dynamischer Schwingungsdämpfung adaptiver Tragwerke entwickelt. 

Der zweite Schwerpunkt des Teilprojektes ist die Modellierung von adaptiven Flächentragwerken und der anschließende Regelungsentwurf mit besonderem Fokus auf Störgrößenkompensation. Hierbei werden verteiltparametrische Ansätze verfolgt, da die Kompensation von örtlich und zeitlich stark schwankenden Lasten auch örtlich verteilte Eingänge erfordert.

Die Generalisierung der Methoden auf weitere Strukturen, wie z.B. Brücken, spielt auch eine wesentliche Rolle in den Forschungsarbeiten. Dabei liegt der Fokus auf der Minimierung der Lastspiele, um die Lebensdauer von Brücken zu verlängern. 

Ein zusätzlicher Schwerpunkt ist die experimentelle Validierung am Demonstrator-Hochhaus, an der fluidisch aktuierten Platte aus C02 und an der adaptiven Brücke aus C07.

Der zweite Teil von B04 beschäftigt sich mit der Modellierung und Regelung von neuartigen adaptiven Fassadenkonzepten. Die hydroaktive Fassade aus C01 nimmt Wasser aus Niederschlag direkt an der Außenhaut des Gebäudes auf. Dieses Wasser wird später entweder von der Fassade verdunstet, um den städtischen Außenraum durch die Aufnahme der Verdampfungsenthalpie zu kühlen, oder kann als Grauwasser eingesetzt werden.

Teilprojekt B04 beschreibt die Prozesse der mehrschichtigen hydroaktiven Fassade modellbasiert durch ein Transportsystem mit verteilten Parametern und erfasst die einwirkenden Störungen. Hierbei wird primär die Wasseraufnahme der Fassade maximiert und die Wasserabgabe geregelt sowie tagesaktuelle Strategien zur Nutzung des gesammelten Wassers entwickelt. Um die kühlende Wirkung der Fassade auf die Umgebung abzubilden, eignet sich ein verteiltparametrisches Modell des mikroklimatischen Außenraums, das sich über thermodynamische Bilanzgleichungen herleitet.

Zur thermischen Beeinflussung des Innenraums wird das fassadenintegrierte Adsorptionssystem aus C06 betrachtet, für welches in B04 das unterlagerte Regelungskonzept entworfen wird. Dabei werden die von A05 vorgegebenen Betriebspunkte, die prädizierten Wettergegebenheiten sowie die sich ändernden Nutzeranforderungen einbezogen. Dieses Vorhaben führt durch die diskretwertigen Stellgrößen auf ein mixed-integer Optimalsteuerungsproblem.

Die Modellierung des Innenraumklimas ist zur Abbildung des Nutzerkomforts unabdingbar und wird mit einem unizonalen Modell der Temperatur- und Feuchtedynamik umgesetzt.

Teilprojektleiter:innen

  • Prof. Dr.-Ing. Oliver Sawodny, Institut für Systemdynamik
  • Dr.-Ing. Michael Böhm, Institut für Systemdynamik

 

Förderphase I

Eine wesentliche Eigenschaft adaptiver Bauwerke besteht darin, das Tragwerk autonom an wechselnde äußere und innere Belastungen anpassen zu können. Dies umfasst die stationäre und die dynamische Tragwerksadaption, die fortlaufend über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes erfolgt. Die Adaption erfordert ein Steuerungs- und Regelungskonzept, das anhand des geschätzten Systemzustands und der rekonstruierten Lasten die Tragwerksstruktur mit Hilfe der verfügbaren Aktoren manipuliert. Ziel des vorliegenden Teilprojekts ist es, die Methoden zur Steuerung und Regelung adaptiver Tragwerke zu erforschen und experimentell zu realisieren.

Das Teilprojekt behandelt folgende wissenschaftliche Fragestellungen:

  • Welche mathematischen Modelle eignen sich zum Entwurf von Steuerung und Regelung adaptiver Bauwerke?
  • Welche rekonfigurierbaren Regelungen gibt es, die sich autonom an Änderungen des Systems anpassen?
  • Wie können lokale Regelungen entworfen werden, die im Zusammenspiel ein global optimales Verhalten sicherstellen?
  • Wie lässt sich der streng hierarchische Ansatz bisheriger Modelle zugunsten eines verteilten Regelungskonzepts weiterentwickeln, sodass sich funktionale Baugruppen dynamisch und situationsabhängig bilden und die Koordinationsebene obsolet wird?
  • Wie lässt sich die Leistungsfähigkeit der entwickelten Steuerungs- und Regelungsmethoden experimentell nachweisen?

Anpassungsfähige Bauwerke unterscheiden sich aus regelungstechnischer Sicht durch mehrere Merkmale von mechatronischen und verfahrenstechnischen Systemen. Durch ihre integrativen Bauelemente mit aktorischer und sensorischer Funktionalität ergeben sich für adaptive Bauwerke viele verfügbare Mess- und Stellgrößen. Das macht den Steuerungs- und Regelungsentwurf zu einem Problem der Mehrgrößenregelung.

Regelungskonzept

Regelungskonzept Foto: ISYS
Die klassischen Methoden der Mehrgrößenregelung gehen von einer zentralen Steuerungseinheit aus. Sie entwerfen und implementieren die Steuerung und Regelung zentralisiert unter Berücksichtigung aller Mess- und Stellgrößen. Dieses klassische Vorgehen eignet sich bei adaptiven Bauwerken wegen der vielen integrativen, räumlich weit verteilten Bauelemente nicht. Eine Herausforderung stellt die physikalische Kopplung der einzelnen Bauelemente dar. Ein Ziel dieses Teilprojekts liegt darin, ein System aus vielen verteilten Regelungen zu entwickeln, die lokale Mess- und Stellgrößen berücksichtigen und auf lokalen Steuerungseinheiten implementiert werden. Um bei Bedarf Informationen untereinander oder mit einer zentralen Koordinationsebene austauschen zu können, werden die integrativen Bauelemente digital vernetzt. Wie sich die zugrundeliegende Informationsstruktur optimal gestalten und autonom an sich ändernde Anforderungen anpassen lässt, ist ebenfalls Teil der Untersuchungen von B04.
 

Herkömmliche Regelungsstrukturen können typischerweise nicht auf drastische parametrische, strukturelle Änderungen im Lebenszyklus des Gebäudesystems reagieren. Im vorliegenden Teilprojekt werden daher rekonfigurierbare Regelungen erforscht, die sich autonom an Änderungen des Systems anpassen. Indem sie sich auf die Behandlung von Aktorausfällen fokussiert, trägt die rekonfigurierbare Regelung signifikant zur Erhöhung der Ausfallsicherheit des Gesamtsystems bei.

Neben dem regelmäßigen Austausch gewonnener Erkenntnisse mit den übrigen Teilprojekten liefert B04 beispielsweise Informationen zur Hard- und Softwarestruktur der Steuerung und Regelung an B03, um dort die Zuverlässigkeit betrachten und optimieren zu können.

Des Weiteren werden integrierte Fluidaktoren aus C02 verteiltparametrisch modelliert. Die darauf aufbauende Systemanalyse liefert wertvolle Einblicke für die Auslegung des Systems in C02. In B04 wird außerdem die unterlagerte Druckregelung sowie die überlagerte statische Kompensation modellbasiert entworfen.

Teilprojektleiter:innen

  • Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. Oliver Sawodny, Institut für Systemdynamik

 

Ansprechpersonen

Dieses Bild zeigt Spasena Dakova

Spasena Dakova

M.Sc.

Doktorandin

Dieses Bild zeigt Melanie  Gschweng

Melanie Gschweng

M. Sc.

Doktorandin

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